04. Juni 2010:
Spirit findet Hinweis für günstige Lebensbedingungen auf dem frühen Mars

Manchmal dauert es etwas länger, bis eine Entdeckung deutlich wird. Spirit hatte im Dezember 2005 die beiden Felsformationen „Algonquin“ und „Comanche“ mit mehreren Instrumenten untersucht (Abbildung 1). Das Alpha-Röntgen-Spektrometer (APXS) wurde an zwei Stellen von Comanche angedockt, um ihre chemische Zusammensetzung zu bestimmen. Eine der beiden Stellen zeigte die höchste Konzentration von Magnesium, die im Gusev-Krater bisher gefunden wurde. Dies deutete auf etwas Außergewöhnliches hin, doch damals (2006) wurde das noch nicht verstanden. Es dauerte vier Jahre, bis die beteiligten Wissenschaftler des Rätsels Lösung fanden. Der Stein Comanche enthält Carbonate, das heißt Minerale, die Kohlenstoff aufweisen. Carbonate bedeuten, dass es einst ein feuchtes und nicht-saures Milieu auf dem Mars gab, eine wichtige Voraussetzung für Leben.

 

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Abbildung 1: Spirits Blick auf anstehendes Gestein (englisch „outcrop“) zeigt im Hintergrund zwei Felsnasen, genannt „Comanche“, die mit verschiedenen Instrumenten untersucht worden waren. Im Vordergrund ist helleres Grundgestein zu sehen, genannt „Algonquin“. Das Bild wurde mit der Panoramakamera am Sol 689 (11. 12. 2005) aufgenommen. Es ist in Falschfarben dargestellt, um Farbnuancen besser hervorzubringen.

 
Die Entdeckung einer hohen Konzentration von Carbonaten im Stein Comanche enthüllt, dass die Carbonate einst unter fast neutralen, wässrigen Bedingungen entstanden sind. Wäre das Wasser säurehaltig gewesen, wären die Carbonate erst gar nicht entstanden oder nach ihrer Bildung wieder aufgelöst worden. Zur Erinnerung: Wenn man eine Marmorbank hat, sollte man darauf keine Salzsäure schütten, sonst löst sich das kostbare Material auf (Marmor ist ein Carbonatgestein).

Die Rover haben bisher viele Belege gefunden, dass es einst Wasser auf der Marsoberfläche gab. Doch diese Daten deuteten auch darauf hin, dass es einst Umweltbedingungen gab, unter denen das Wasser säurehaltig war. Solche Bedingungen sind normalerweise ungünstig für das Milieu eines Lebensraums. Jetzt wissen wir, dass es auch basische bis neutrale Milieus auf dem Mars gegeben hat.



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Abbildung 2: Blick auf den Teil von Comanche, an dem die Messungen gemacht wurden. Das Bild wurde mit der Panoramakamera an Sol 699 aufgenommen und ist in Echtfarben dargestellt.

 
„Dies ist einer der bedeutendsten Funde, die die Rover gemacht haben“, sagte Steve Squyres von der Cornell-Universität in Ithaca, New York State, USA. Squyres ist der wissenschaftliche Leiter der beiden Rover Spirit und Opportunity. „Ein bedeutendes Carbonat-Vorkommen in einem Marsgestein sagt uns, dass es einst Bedingungen an dieser Stelle gegeben hat, die günstig für Leben hätten sein können.“

Spirit inspizierte verschiedenes Gestein entlang seiner damaligen Route vom Gipfel des Husband Hill zu dem Plateau, genannt Home Plate. Nach den Untersuchungen des Steins Algonquin entschieden die Wissenschaftler, auch den etwas merkwürdig aussehenden Stein Comanche aufzusuchen (Abbildung 2). Der Rover Spirit näherte sich Comanche und brachte seinen Instrumentenarm in Messposition (Abbildung 3). Seitdem ist Comanche der Star unter den untersuchten Steinen, denn er enthält Magnesium-Eisen-Carbonate, die über ein Viertel seines Volumens ausmachen. Das ist eine zehnmal höhere Konzentration als je in einem Marsstein gefunden wurde.

 

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Abbildung 3: Spirits Annäherung an den Stein Comanche (die beiden Vorderräder des Rovers sind links und rechts in jedem Bild zu sehen). Die drei Bilder wurden mit der Frontkamera aufgenommen (sie sind wegen des extremen Weitwinkelobjektivs stark verzerrt). Im rechten Bild ist links der robotische Arm mit dem Instrumenten-Karussell zu sehen. Das APXS (nach oben offener Zylinder) zeigt nach oben, der Gesteinsschleifer RAT (mit Positionierungsring) nach unten, das Mössbauer-Spektrometer nach links, und die Mikroskop-Kamera nach rechts. Die Bilder wurden an den Sols 697 (links und Mitte) und 699 (rechts) gemacht.

 
„Mit detektivischen Methoden kombinierten wir die Resultate von drei Spektrometern, um den Befund verstehen zu können“, sagte Dick Morris, ein Mitglied des Rover-Wissenschaftsteams am NASA ‚Johnson Space Center’ in Houston, Texas. „Die Instrumente gaben uns vielfältige, ineinandergreifende Möglichkeiten, um das Vorkommen von Magnesium-Eisen-Karbonaten zu bestätigen und seine Menge zu bestimmen.“

Große Carbonat-Vorkommen wurden schon seit Jahren auf dem Mars gesucht, jedoch ohne Erfolg. Viele Täler, die einst offenbar von fließendem Wasser auf der Oberfläche gebildet wurden, lassen vermuten, dass der Planet in seiner Frühzeit wärmer war. Diese höheren Temperaturen könnten durch den Treibhauseffekt einer dickeren Atmosphäre, als wir sie heute kennen, entstanden sein. Die alte Marsatmosphäre war vermutlich reich an Kohlendioxid, da dieses Gas die moderne und sehr dünne Atmosphäre ausmacht.

Wohin ist all das Kohlendioxid gegangen? Einige vermuten, dass es der Planet in den Weltraum verloren hat. Andere denken, dass sich ein Großteil des Gases im Wasser gelöst hat. Dann haben sich in speziellen Prozessen die Carbonat-Minerale gebildet. Man hatte auch geringe Mengen an Carbonaten in Meteoriten, die vom Mars stammen, gefunden. Die Möglichkeit der Carbonat-Bildung führte in den neunziger Jahren zu der Erwartung, dass Carbonate auf dem Mars weit verbreitet sein müssten. Jedoch haben mineralogische Spektrometer, die auf Raumsonden um den Mars kreisen, bisher nur eine einzige Stelle mit Carbonat-Ablagerungen gefunden: ein Gebiet namens „Nili Fossae“. Außerdem hat man eine kleine Menge von Carbonaten in dem global verteilten Staub gefunden.

Seit sich Dick Morris die Daten des Mössbauer-Spektrometers von dem Stein Comanche vor Jahren angeschaut hatte, vermutete er eisenhaltige Carbonate in dem Stein. Mössbauer-Spektren liefern Informationen über eisenhaltige Mineralien. Jedoch ließ eine Bestätigung von anderen Instrumenten lange auf sich warten. Das Instrument mit der besten Möglichkeit, Carbonate nachzuweisen, das „Miniaturisierte Thermische Emissionsspektrometer (Mini-TES)“ hatte sich vorher schon in 2005 eine Verschmutzung seines Spiegels zugezogen. Dies geschah, als ein Staubteufel (kleine Windhose) die Solarpanelen von Spirit reinigte, aber den Spiegel dabei verschmutzte.

„Es war wie das Schauen durch ein schmutziges Glas“, sagte Steve Ruff von der Arizona State Universität in Tempe, Arizona. Er ist auch ein Mitglied des Wissenschaftsteams der Rover. „Wir konnten sehen, dass da etwas anders mit Comanche war verglichen mit den anderen Steinen, die wir bisher gesehen hatten. Aber wir konnten nicht sagen, was es war, bis wir eine Korrekturmethode entwickelt hatten, um den Staub auf unserem Spiegel zu berücksichtigen.“ Labortests halfen den Wissenschaftlern, die Carbonate zu identifizieren.



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Abbildung 4: Das Bild zeigt in Falschfarben die beiden Messstellen auf dem Stein Comanche. An beiden Stellen wurde mit dem RAT-Werkzeug Staub entfernt. Deshalb erscheinen sie nun hellblau in Falschfarben (Pfeilspitze). An beiden Stellen haben das APXS und die anderen Instrumente Messungen durchgeführt. Das Bild wurde mit der Panoramakamera an Sol 704 aufgenommen.

 
Neben den Elementen von Natrium bis Eisen (mit steigendem Atomgewicht) kann das APXS eine Gesamtkonzentration von zusätzlichen, leichten Elementen (leichter als Natrium) bestimmen. Diese leichten Elemente, wie z. B. Kohlenstoff, können nicht direkt gemessen werden, da ihre Röntgen-Energien für das Spektrometer zu niedrig sind. Nur indirekt können größere Mengen von leichten Elementen als eine Elementgruppe bestimmt werden. Zusätzliche Modellrechungen müssen im Zusammenhang mit allen anderen gemessenen Elementen durchgeführt werden, um den Carbonatgehalt zu quantifizieren. Für Comanche ergibt sich eine Kohlendioxid-Konzentration von 12 Gewichtsprozent mit einem Fehler von 5 Gewichtsprozent. Dies entspricht einem reinen Kohlenstoffgehalt von etwa 3 Gewichtsprozent.

Zusammen mit den mineralogischen Daten vom Mössbauer-Spektrometer wurde die Mineralogie der Carbonate bestimmt: Es sind vorwiegend Magnesium-Eisen-Carbonate. Ihre Konzentration bewegt sich zwischen 16 und 34 Gewichtsprozent. Der große Fehlerbereich erklärt sich durch die sehr schwierigen Messbedingungen.

 

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Abbildung 5: Blick mit der Panoramakamera auf die linke Felsnase von Comanche (vgl. Abb. 1). Das Bild wurde an Sol 698 aufgenommen und ist in Echtfarben dargestellt.

 
Der Stein Comanche enthält erhebliche Mengen an Carbonaten. Dieses Vorkommen impliziert ausgiebige wässrige Aktivitäten unter fast-neutralen pH-Bedingungen (eine Skala für den Gehalt an Säuren und Laugen in Wasser). Diese Bedingung (nicht zu sauer, nicht zu basisch) wäre für eine habitable (lebensfördernde) Umwelt auf dem frühen Mars sehr günstig. Die Carbonate von den weit entfernten Gebiet Nili Fossae und dem Gusev-Krater (etwa 6300 km auseinander) lassen darauf schließen, dass solche günstigen Umweltbedingungen häufig in den ältesten Gebieten des Mars vorgekommen waren. Diese alten Gebiete entstanden in der Noachischen Periode, die von etwa 4,6 bis 3,8 (oder 3,5) Milliarden Jahre dauerte (es gibt nur geschätzte Alter).

Die hohen Carbonat-Konzentrationen in dem Comanche-Gestein sind ein wichtiger Hinweis für Klimamodelle. Diese Modelle sollten Kohlendioxid als Treibhausgas auf einem feuchten und warmen frühen Mars einbeziehen. Später hat sich dann ein Teil dieser Atmosphäre als Carbonat-Mineralien abgeschieden. Somit zeigt die Entdeckung von Carbonaten, dass Kohlendioxid einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung des Planeten Mars geleistet und vielleicht die Bildung von frühem Leben gefördert hat.

 

Text basiert auf einer NASA-Pressemitteilung vom 03. Juni 2010 und einem Artikel von R. V. Morris et al., erschienen bei Science Online.

R. V. Morris et al. (2010), Identification of Carbonate-Rich Outcrops on Mars by the Spirit Rover, Science, DOI: 10.1126/science.1189667, Published Online June 3, 2010.