Nun fahren die beiden Rover Spirit und Opportunity schon mehr als
drei Jahre über die Marsoberfläche und manch einer wird
sich fragen, ob es da wirklich noch was Neues zu entdecken gibt?
Eines Tages wurde im „Rückspiegel“ des Rovers ein
heller Fleck auf dem Boden entdeckt. Da meinten einige Fachleute,
dass wohl wieder eine der Schwefel-Anreicherungen entdeckt worden
sei, die schon vor einiger Zeit für Furore gesorgt hatten.
Doch weit gefehlt!
Abbildung 1: Blick auf die aufgewühlte Radspur
des Rovers Spirit mit einem geheimnisvollen hellen Fleck, genannt ‚Gertrude
Weise’. Die Aufnahmen wurden mit der Panorama-Kamera des Rovers
an zwei verschiedenen Marstagen (Sol) gemacht: links am Sol
1158, rechts am Sol 1187.
Eine erste Untersuchung des hellen Flecks wurde mit einem Gerät
gemacht, das Mineralien identifizieren kann. Dieses Gerät heißt „Mini-TES“ und
ist ein kleines thermisches Emissions-Spektrometer. Statt der erwarteten
Schwefelverbindungen wurden Hinweise auf viel Silizium gefunden.
Das Element Silizium ist als Siliziumdioxid in allen Steinen und
Bodenproben auf dem Mars vorhanden: meist zwischen 45 und 55 Gewichtsprozent.
Der helle Fleck schien mehr davon zu enthalten. Das musste näher
untersucht werden. Also wurde die Fahrstrecke des Rovers Spirit
umgeplant, und so fuhr der Rover zurück zu seiner eigenen Spur.
Spirits Spur wird von seinen sechs Rädern gefurcht. Er hat drei auf
jeder Seite, um gut in schwierigem Gelände manövrieren zu können.
Im Laufe der Mission setzte jedoch der unvermeidliche Alterungsprozess
ein. Am 779. Tag auf dem Mars (auch Sol genannt) fiel der Elektromotor
im rechten Vorderrad aus, so dass dieses Rad blockiert wurde. Der
Rover hatte von nun an ein „lahmes Rad“. Dieses Handicap konnte
zwar kompensiert werden, indem Spirit einfach immer rückwärts
fuhr und sein lahmes Rad nachschleifte. Doch er war in seiner Manövrierfähigkeit
ein wenig eingeschränkt. Das blockierende Rad bewirkte jedoch, dass
der Boden mehr als sonst aufgewühlt wurde und damit unterirdische Ablagerungen
zum Vorschein kamen, die sonst unentdeckt geblieben wären. So wandelte
sich das lahme Rad zu einem nützlichen Pflug. Helle Stellen wurden
freigelegt, die sich in der Vergangenheit als Schwefel-Anreicherungen
entpuppt hatten.
Die chemischen Analysen der Bodenproben wurden, wie immer, mit dem Alpha-Röntgen-Spektrometer
(APXS) durchgeführt, das einst am Max-Planck-Institut
für Chemie gebaut worden war. Dieses kleine Instrument befindet sich
am Ende des robotischen Armes, der vorne am Rover befestigt ist
und von der Erde aus ferngesteuert wird. Für die Analyse einer
Probe wird das APXS knapp über die zu untersuchende Stelle gehalten.
Die radioaktiven Quellen des APXS bestrahlen die Probenoberfläche.
Die nun entstehende Röntgenstrahlung wird mit einem Detektor gemessen.
Diese Daten werden zur Erde gefunkt und aus ihnen lässt sich dann die
chemische Zusammensetzung der Probe bestimmen.
Abbildung 2: Die vordere Weitwinkelkamera von Rover
Spirit zeigt das Gelände vor den beiden Fronträdern an
zwei verschiedenen Marstagen (Sol). Links (Sol 1187): Heller
Fleck in aufgewühlter Spur. Rechts (Sol 1189): robotischer Arm
mit APXS in Messposition am hellen Fleck. Das APXS zeigt nach unten
und ist auf der Aufnahme kaum zu erkennen. Diese APXS-Messung enthüllte
die chemische Zusammensetzung des hellen Flecks: hoher Gehalt an
Silizium.
Regelmäßig werden während Telefonkonferenzen neue Messresultate
unter den beteiligten Wissenschaftlern ausgetauscht. Damit können alle
im Rover-Team immer auf dem Laufenden bleiben. Als nun bekannt
gegeben wurde, dass das APXS eine Probe gemessen hatte, die etwa
90 Prozent Siliziumdioxid enthielt, war die Überraschung groß. „Man
konnte die Leute förmlich nach Luft schnappen hören“, sagte
Steve Squyres von der Cornell Universität in Ithaca, New York State.
Er ist der Leiter der Rover-Instrumente: „Dies ist eine bemerkenswerte
Entdeckung. Und die Tatsache, dass wir etwas so Neues nach fast
1200 Tagen auf dem Mars gefunden haben, ist noch bemerkenswerter.
Es lässt
einen wundern, was sonst noch draußen zu finden ist.“
Auf seiner Erkundungsfahrt durch die flachen Hügel des Gusev-Kraters
hatte Rover Spirit schon einige Hinweise auf Wasser gefunden, das
vor langer Zeit (mehrere 100 Millionen von Jahren) dort einmal
vorhanden gewesen war. Die entdeckten unterirdischen Schwefelvorkommen
deuteten auf eine chemische Anreicherung hin, die in einer wässrigen
Lösung
stattgefunden hatte. Bestimmte Veränderungen von Mineralien verwiesen
auf alte Verwitterungsprozesse, die in Feuchtigkeit stattgefunden
hatten. Einige geologische Befunde passten gut zu dem Phänomen eines
explosiven Vulkanismus, der durch das Zusammentreffen von heißem Magma
und Wasser entstanden war.
„Dies ist einer der besten Hinweise, die Spirit für Wasser im
Gusev-Krater gefunden hat“, sagte Albert Yen, ein Geochemiker vom
Nasa Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, Kalifornien. Eine mögliche
Ursache für die Anreicherung von Siliziumdioxid könnte die Wechselwirkung
von basaltischem Staub mit ätzenden Wasserdämpfen sein, die durch
vulkanische Aktivitäten entstanden sein könnten. Eine andere Möglichkeit
wäre das Zusammenwirken von Gestein und saurem Wasser aus heißen
Mineralquellen.
Der neu entdeckten Stelle wurde der (noch inoffizielle) Name ‚Gertrude
Weise’ gegeben, benannt nach einer Spielerin in der All-American Frauen
Profi-Baseball Liga, erläuterte Ray Arvidson von der Washington Universität
in St. Louis, Missouri. Er ist der stellvertretende Leiter der
Rover-Instrumente.
„Wir haben ein Dutzend aufgewühlter Bobenproben in den Roverspuren
untersucht und dies ist die erste, die eine hohe Silizium-Signatur
zeigt“,
sagte Steve Ruff von der Arizona State Universität in Tempe, Arizona.
Diese Beobachtungen wurden mit dem Mini-TES durchgeführt. Siliziumdioxid
kommt auf der Erde häufig in kristalliner Struktur als das Mineral
Quarz vor. Es ist aber auch als Glas in Fensterscheiben zu finden.
Das Siliziumdioxid an der ‚Gertrude Weise’-Stelle ist nicht
kristallin, es zeigt keine Spuren von Quarz in den Mini-TES-Daten.
Achtzehn Monate lang arbeitete Rover Spirit etwa 45 Meter von der ‚Gertrude
Weise’-Stelle entfernt, bevor die entscheidende Entdeckung gemacht
wurde. „Diese Entdeckung machte mir deutlich, wie wichtig es ist,
eine gründliche und sorgfältige Erkundung durchzuführen“,
sagte Steve Squyres. „Dies ist eine Gegend mit abwechslungsreichem
Material, und es war gut, dass wir nicht schnell durchgefahren
sind“.
Die hohen Silizium-Konzentrationen lieferten neue, stichhaltige Hinweise
auf Klimabedingungen, die einst auch günstig für das Entstehen
von Leben auf dem Mars gewesen sein könnten. David Des Marais, ein
Exobiologe vom Nasa Ames Forschungszentrum in Moffett Field, Kalifornien,
sagte dazu: „Das Aufregende daran ist, dass wir etwas über eine
Umwelt erfahren, die Ähnlichkeit mit Plätzen auf der Erde vorweist,
die vorteilhaft für lebende Organismen sind.“
Text basiert auf einer NASA-Pressemeldung vom 21. Mai
2007.