NASAs „Mars Exploration Rover“ (MER)
Spirit hat seine Arbeit auf dem Roten Planeten beendet. Im Jahre
2004 landete er auf dem Mars für eine dreimonatige Mission.
Mehr als sechs Jahre lang hat er alle Hindernisse überwunden,
um wissenschaftliche Entdeckungen auf dem Mars zu machen: von neuen
Gesteinstypen, zu Spuren von altem Wasser, bis zu Hinweisen auf das
Klima des frühen Mars. Seinen letzten Funkspruch sendete Spirit
am 22. März 2010. Seitdem wurde immer wieder versucht, Kontakt
herzustellen, doch vergeblich. Jetzt hat die NASA diese Versuche
eingestellt. So sagen wir ein letztes „Good Bye“ zu einem
unermüdlichen Roboter.
Abbildung 1: Das „Husband Hill“ Gipfel-Panorama,
aufgenommen mit der Panorama-Kamera von Rover Spirit an den Marstagen
Sol 583 bis 586 (24. bis 27. August 2005). 653 einzelne Bilder wurden
nahtlos zusammengesetzt, hier in einer polaren Projektion. Der
Kamera-Mast ist auf dem Deck des Rover nicht zu sehen (dunkle Fläche
vorne rechts), da die Kamera ihren eigenen Mast nicht fotografieren
kann. Die Landschaft rundherum ist der Gipfel des „Husband
Hill“, ein Hügel, der zu den „Columbia Hills“ Hügeln
gehört.
Am 25. Mai 2011 wurde der letzte Funkspruch zu Rover Spirit auf die
Mars-Oberfläche gesendet, der letzte in einer Reihe von Versuchen,
Kontakt mit Spirit wieder herzustellen. Die NASA wollte herausfinden,
in welchem Zustand sich Rover Spirit befindet. Würde Spirit
nach einem langen, kalten Winter, in dem nicht genügend Sonnenenergie
zur Verfügung stand, wieder aus seinem „Winterschlaf“ aufwachen?
Es gab eine geringe Hoffnung, dass sein Computersystem wieder reaktiviert
werden könnte, wenn wieder genügend Sonnenlicht von seinen
Solarzellen eingefangen würde.
Während des letzten Mars-Winters hatte Spirit nicht genügend
Energie, um seine internen Heizelemente zu betreiben. Dies wäre
notwendig gewesen, um seine elektronischen Komponenten und Batterien
vor der klirrenden Kälte zu schützen (Temperaturen von
bis zu minus 120 Grad in jeder Nacht). Deshalb bestand eine hohe
Wahrscheinlichkeit, dass eine oder mehrere kritische Komponenten
ausfallen würden. Dadurch wäre keine Kommunikation mit
dem Rover mehr möglich.
Große Parabolantennen des interplanetaren Netzwerks der NASA
wurden für Funkkontakte mit Spirit eingesetzt, so wie die Antennen
der beiden Raumsonden, die momentan um den Mars kreisen. Alle Kommunikationsversuche
blieben erfolglos. Nun werden diese Antennen für die Vorbereitung
der nächsten Mars-Mission, der Mars Science Laboratory
(Wissenschaftslabor) Rover Mission, benötigt. Die MSL Mission
soll im Herbst 2011 gestartet werden.
Spirit fuhr insgesamt 7,73 Kilometer, mehr als zwölfmal so
viel, wie ursprünglich geplant. Nach seiner Landung in der Ebene
des Gusev-Kraters führte Spirits Route zu weit entfernten Hügeln.
Es war vermutet worden, dass diese Hügel geologisch interessanter
seien als die Ebene, was sich später sehr bewahrheitete. Spirit
kletterte Abhänge hinauf, die bis zu 30 Grad Steigung hatten
(dafür war er auch nicht ausgelegt). So wurde er der erste Gipfelstürmer
auf einem anderen Planeten. Sogar als sein rechtes Vorderrad 2006
blockierte, legte er noch im Rückwärtsgang einen Kilometer
zurück.
Der Rover machte auf seiner sechsjährigen Reise mehr als 100000
Bilder, und mehr als 200 Messungen mit dem Alpha-Röntgen-Spektrometer
und mehr als 150 Messungen mit dem Mössbauer-Spektrometer. Mit
seinem Schleifwerkzeug hat er 15 Steine für detaillierte Messungen
angeschliffen und über 90 Oberflächen für weitere
spektroskopische Untersuchungen mit seiner Drahtbürste gereinigt.
„Was wirklich wichtig ist, ist nicht wie lange Spirit arbeitete
oder welche Entfernungen er zurücklegte, sondern welche Untersuchungen
und wissenschaftlichen Entdeckungen er machte“, sagte John
Callas, MER Projekt-Manager am NASA Jet Propulsion Laboratory, Pasadena,
Kalifornien.
Eine wichtige Entdeckung kam 2007 ironischerweise gerade dadurch
zustande, dass er beim Rückwärtsfahren sein blockierendes
Vorderad mitziehen musste, das nun wie ein Pflug den Boden aufwühlte.
So legte er unerwartet hellen Staub frei. Spirits Alpha-Röntgen-Spektrometer
und das Thermische Emissions-Spektrometer zeigten, dass das helle
Material fast reines Siliziumdioxid (Silicastaub) war.
„Spirits unerwartete Entdeckung von konzentriertem Silicastaub
war eine der wichtigsten Funde der beiden Rover“, sagte Steve
Squyres von der Cornell Universität in Ithaca, New York State,
wissenschaftlicher Leiter von Spirit und Opportunity. „Dies
zeigte, dass dort einst heiße Quellen oder Dampfschlote vorhanden
waren, welche damals günstige Bedingungen für das Überleben
von Mikroben geschaffen hätten“.
Der silizium-reiche Staub liegt ganz in der Nähe eines niedrigen
Plateaus, „Home Plate“ genannt, welches Spirits Hauptziel
nach der historischen Besteigung des Hügels „Husband Hill“ war. „Spirit
hat uns an „Home Plate“ gezeigt, dass der frühe
Mars ein unruhiger Platz war: Wasser traf auf heißes Gestein
und muss spektakuläre vulkanische Explosionen erzeugt haben.
Es war eine dramatisch andere Welt als der heute kalte und trockene
Mars“, sagte Squyres.
Die Daten, gesammelt von Spirit, könnten noch weitere Schätze
enthalten. So haben Jahre von Arbeit mit Messdaten, die 2005 vom
Alpha-Röntgen-Spektrometer, Mössbauer-Spektrometer, und
Thermischen Emissions-Spektrometer gemessen wurden, ergeben, dass
Spirit einen ganz besonderen Stein untersucht hatte. Der Stein „Comanche“,
ein Aufschluss, liegt in dem „Husband Hill“ und enthält
eine hohe Konzentration an Carbonat. Dieses Ergebnis ist klare Evidenz
für ein feuchtes, nicht-saures, frühes Milieu, das für
das Leben von eventuell vorhandenen Mikroben günstig war.
„Bemerkenswert an Spirit waren seine umfassenden Leistungen“,
sagte Squyres. „Was wir ursprünglich als ein ziemlich
einfaches, geologisches Experiment auf dem Mars geplant hatten, verwandelte
sich letztendlich in eine erste wirkliche Überlandexpedition
der Menschheit auf einem anderen Planeten. Spirit erforschte das
Gelände, wie wir es getan hätten: erspähen eines entfernten
Hügels, hochklettern, und uns den Ausblick vom Gipfel zeigen
lassen. Und er tat es auf eine Weise, die es erlaubte, dass jeder
auf der Erde an seinen Abenteuern teilnehmen konnte“.
Abbildung 2: Blick auf die Sandfalle (rechts von „Rock
Garden“). Eine leichte rundliche Vertiefung (ein alter Krater)
ist verfüllt mit sehr feinem, hellem Material. Darüber
ist eine härtere, dunkle Kruste, so dass man das helle Material
nicht erkennen kann.
So bleibt der Rover Spirit seit seiner letzten Meldung am 22. März
2010 (Marstag Sol 2210) stumm. Spirit hatte den Beginn seines vierten
Winters erlebt. Doch erinnern wir uns: Spirit war für eine dreimonatige
Mission mit einer Fahrstrecke von weniger als einem Kilometer geplant
und gebaut worden. Doch er funktionierte mehr als sechs Jahre, fuhr
7,7 Kilometer durch teils sehr hügeliges Gelände, und machte
viele Messungen und Tausende von Bildern.
Rover Spirit musste sich vielen Herausforderungen stellen und hatte
um jede Entdeckung zu kämpfen. Nichts war einfach für Spirit.
Nach der erfolgreichen Landung (Sol 1) hatte er am Marstag Sol 18
eine Anomalie seines Flash-Speichers, welches sogar sein Überleben
gefährdete. Doch nach einem Computer-Reset „erholte“ er
sich wieder.
Wissenschaftlich gesehen war der Mars zuerst recht garstig zu Spirit.
Was ursprünglich als eine Landestelle auf Ablagerungen eines
alten Sees vermutet wurde, entpuppte sich als eine Ebene gefüllt
mit vulkanischem Material soweit das Auge (die Kamera) reichte. So
eilte Spirit über die Ebene, um die entfernten Hügel „Columbia
Hills“ zu erreichen, von denen man vermutete, dass sie älter
als die heutige Ebene seien.
Doch um die mehrere Kilometer entfernten Hügel zu erreichen,
musste Spirit seine primäre Mission von drei Monaten überleben
und eine Strecke zurücklegen, für die er nicht gebaut war.
Schließlich erreichte er die Hügel und die nächste
Herausforderung kam: Bergsteigen! Auch dafür war er nicht gebaut.
Tests mit einem Duplikat-Rover auf der Erde zeigten, dass je nach
Bodenbeschaffenheit Steigungen bis zu 30 Grad möglich sein würden.
So hat sich Spirit die Abhänge hochgeschafft. Dabei hat er neue
Gesteinstypen gefunden und erste Hinweise entdeckt, dass Gesteine
durch die Einwirkung von Wasser verändert worden waren. Viel
später wurde klar, dass ein Stein hohe Mengen an Carbonat enthält.
Das Klima war für Spirit viel härter als für Rover
Opportunity, der in Meridiani immer noch seine Erkundungen erfolgreich
durchführt. Meridiani Planum liegt näher am Äquator
als Gusev-Krater. So waren die Winter strenger in Gusev und die
Sonne stand tiefer bei Spirit als bei seinem Zwillingsrover. Die
Atmosphäre
bei Gusev-Krater ist viel staubhaltiger als die von Meridiani. So
hatte Spirit eine ständig ansteigende Menge an Staub auf seinen
Solarpanelen, obwohl auch er hin und wieder von kleinen Staubteufeln
(Windhosen) besucht wurde, die einen Teil des Staubes wieder wegbliesen.
Und jeder Winter wurde härter als der vorhergehende.
Als Spirit auf der anderen Seite der „Columbia Hills“ beim
langen Abstieg war, erlebte er seinen ersten, großen Defekt:
das rechte Vorderrad fiel aus. Von da an musste er rückwärtsfahren
und das defekte, unbewegliche Rad nachziehen. Doch gerade dieses Missgeschick
führte zu vielen Entdeckungen. Was verborgen im Boden war, wurde
aufgewühlt. So entdeckte Spirit schwefelhaltigen und an anderer
Stelle siliziumhaltigen Staub, einer seiner größten Entdeckungen.
Abbildung 3: Mosaik von Bildern, die den Staub vor dem
Mars Exploration Rover Spirit nach einer Reihe von kurzen Rückwärtsbewegungen
zeigen. Dies war Teil des Versuchs, den eingesunkenen Rover aus der Sandfalle
wieder frei zu bekommen. Das Bild ist in Falschfarben dargestellt, um den
Unterschied zwischen den Materialien besser sehen zu können. Heller
Sand ist durch das linke Vorderrad des Rovers freigelegt worden. Das rote
Material ist die ursprüngliche Oberfläche. Spirits Panorama-Kamera
nahm die Bilder an Sol 2163 bis 2177 (2. bis 16. Februar 2010) auf. Das
Ende des Rover-Arms erscheint an zwei Stellen, weil er sich in dem Zeitraum
bewegt hatte. Der rechte weiße Rahmen ist eine Vergrößerung
des linken Rechtecks.
Die Messungen der verschiedenen Materialien haben ergeben, dass die oberste Schicht
aus verwehtem Sand und typischem Mars-Staub besteht. Relativ unlösliche
Mineralien befinden sich nahe der Oberfläche, während besser lösliche
eisenhaltige Sulfate (weißes Material) tiefer liegen. Diese Anordnung lässt
vermuten, dass Wasser von oben nach unten gesickert ist und dabei die Sulfate
mit sich genommen hat.
Mit ständig sich ansammelndem Staub und einem defekten Rad, das steilere
Steigungen unmöglich machte, hatte Spirit wenig Chancen, den heraufziehenden
vierten Winter zu überleben. So bemühte sich die Projektleitung,
südlich von „Home Plate“ noch wichtige Erkundungen zu
machen. Aber der erste gewählte Weg über das Plateau von „Home
Plate“ war nicht passierbar. So wurde Plan B gewählt: Strecke
nordöstlich von Home Plate. Doch die war auch nicht befahrbar und
die Uhr tickte weiter. Daher blieb nur die letzte Möglichkeit: die
längste und risikoreichste Strecke entlang der Westseite von Home
Plate.
Entlang dieser Strecke passierte dann die Katastrophe. Rover Spirit
geriet in eine Sandfalle, die auf den Bildern der Gegend nicht
erkennbar war. Spirit brach in loses, sehr feines Material ein.
Mit jeder weiteren Drehung der Räder versank der Rover tiefer. Spirit
war gefangen. Doch auch dieses Malheur wurde noch ein wissenschaftlicher
Triumph: das feine, helle Material erwies sich als mineralische
Ablagerung, angereichert mit Schwefel. Wieder ein Beweis für hydrothermale
Aktivitäten
in der Urzeit des Mars. Doch der Winter rückte unerbittlich heran,
und zu allem Überfluss versagte ein zweites Rad. Alle Bemühungen
einer Befreiung des Rovers misslangen.
Mit einer für den niedrigen Sonnenstand ungünstigen Schräglage
und viel Staub auf den Solarpanelen verringerte sich seine Energieproduktion
zusehends. Die Temperaturen sanken weiter und die Heizelemente
konnten den Rover nachts nicht mehr warm halten. So wurde er in
eine Art Winterschlaf versetzt. Es gab noch ein kleines Fünkchen
Hoffnung, dass Spirit im Mars-Frühling wieder erwachen würde.
Jedoch mehr als 1200 verschiedene Kontaktversuche wurden ohne Erfolg
unternommen. Es wurde ganz klar: Spirit wird für immer schlafen.
Sein Erbe ist reich an wissenschaftlichen Erkenntnissen: Mars war in
seiner Frühzeit erdähnlicher als bisher vermutet. Es gab Wasser
und eine dickere Atmosphäre. Vulkanismus prägte die Landschaft
und heiße Quellen erzeugten ein besonderes Milieu, in dem vielleicht
Leben entstehen konnte oder Mikroben gut überleben konnten. Damit
ist der Weg für weitere Erkundungen des Mars vorgezeichnet.
Johannes Brückner
Text basiert auf NASA Pressemitteilungen vom 24. und 25. Mai 2011
und einem Blog von John Callas, dem Mars Exploration Rover Projekt-Manager.