Zwei Rover machen weiter auf dem Mars

Von Steve Squyres, Leiter der Mars Exploration Rover Mission
3. August 2005

Das Wissenschaftsteam für die „Mars Exploration Rover“ Mission ist nun schon seit zehn Jahren zusammen und während der ersten acht Monate nach den Landungen auf dem Mars lebten und arbeiteten wir alle in Pasadena, Kalifornien, wo das NASA Kontrollzentrum im Jet Propulsion Laboratory liegt.

So kennen wir uns nun ziemlich gut. Letzten September jedoch sind wir alle zurück in unsere Heimat-Institute gegangen und erledigen nun von dort aus die Rover-Fernsteuerung. Während wir täglich über Telefon- und Video-Konferenzen miteinander sprechen, sehen wir uns kaum noch von Angesicht zu Angesicht.

Das funktioniert recht gut für die Rover-Steuerung, aber es ist kein Ersatz für gemeinsames Diskutieren über Wissenschaft im gleichen Raum. Diese Woche jedoch traf sich das Team hier in Ithaca, New York, USA, zu einem dreitägigen „Mars-Festival“.

Ich versuche stets, über alle neuen Entdeckungen informiert zu bleiben, doch es ist ziemlich packend, in einem Raum zu sitzen und acht Stunden lang neue Ideen über unsere Daten zu hören.

Dieser Tage kriegen wir wirklich einiges an Wissenschaft erledigt. Artikel über die Landestelle in Meridiani wurden gerade akzeptiert für die Zeitschrift „Earth and Planetary Science Letters“ und ein anderer Stapel von Artikeln wird gerade für die Zeitschrift „Journal of Geophysical Research“ vorbereitet.

In diesen Artikeln wird nicht wirklich über neue Entdeckungen berichtet, von denen wir nicht schon gehört hätten, aber es werden viele Details ausgelotet, die sich erst aus genauerer Prüfung der großen Datenmenge ergeben.

Neben der Wissenschaft war es wirklich gut, all die Leute wieder zu treffen. Wir sind schon im Team zusammengewachsen über all die Monate, als wir nach Mars-Zeit lebten (d. h. arbeiteten, wann immer bei einem der Rover Tag war auf dem Mars). Doch die Zeiten ändern sich… ein Teammitglied starb von einigen Monaten, mehrere Babys wurden geboren. Auf dem jetzigen Treffen waren sogar schon die ganz Kleinen dabei - das Leben geht weiter. So, sind wir zu einer weit verstreuten Familie geworden, denk ich mal.

Eines der eindrucksvollen Dinge dieses Treffens war für mich, wie effektiv unsere Rover-Fernsteuerung geworden ist. Jeden Tag haben wir die wissenschaftlichen Vorträge für ein paar Stunden unterbrochen, um die täglichen „Hausaufgaben“ für die Rover zu planen, und das mit Leuten, die überall im Land verstreut waren. Nehmen wir den Dienstagvormittag, zum Beispiel, wo 80 Wissenschaftler in einem Konferenzsaal in Ithaca zusammen waren und Vorschläge machten, was der Rover Opportunity am nächsten Tag tun sollte.

Die Instrumenten-Betreuer, das sind die Leute, die die Kommandos für die Instrumente zusammenstellen, saßen auf dem Campus der hiesigen Universität und der Universität der Stadt Phoenix in Arizona. Die Person, die die Computer-Projektion kontrollierte, die wir gerade alle betrachteten, war in Boulder, Colorado. Im Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, Kalifornien, saßen die Rover-Ingenieure und diese Video-Konferenz wurde von Flagstaff, Arizona, aus geleitet. Alles funktionierte prima und wir haben rechtzeitig eine gute Kommandosequenz für den nächsten Funkkontakt zum Mars bekommen.

Soweit die Erde. Nun zum Mars: Rover Spirit verbrachte diese Woche an einem Gesteinsaufschluss namens „Voltaire“, den wir letzte Woche entdeckt hatten.

Man muss sich nur die Bilder anschauen, um zu sehen, dass die Voltaire-Region eine der interessantesten Plätze ist, die wir auf dem „Husband Hill“ Hügel gefunden haben. Es gibt da eine unglaubliche Variation von Steinen, die wir nie zuvor gesehen haben.

„Voltaire“ ist ein neuer Gesteinstyp, der aus großen, eckigen Körnern eingebettet in feinkörniges Material besteht. Wir beginnen gerade, seine Zusammensetzung zu bestimmen, wobei APXS und Mössbauer-Spektrometer wertvolle Daten liefern werden.

Die erste Stelle auf Voltaire, die wir angeschaut haben, wurde „Descartes“ genannt, und die zweite, wo wir jetzt gerade sind, „Bourgeoisie“. Wir werden Bourgeoisie wohl über das Wochenende in den Kasten bekommen. Dann bewegen wir uns ein wenig nach rechts, um mit der Mikroskop-Kamera einen anderen Stein zu betrachten. Danach machen wir vermutlich eine volle APXS-, Mössbauer-, und Mikroskop-Untersuchung an einem weiteren Stein. Der war mit Hilfe der Panoramakamera entdeckt worden und ist ein Objekt, das wir bisher noch nicht gesehen hatten. In dieser Gegend werden wir wohl reiche Beute machen, die wir voll ausschöpfen müssen, bevor wir weiterfahren.

Dann werden wir zum Gipfel von Husband Hill stürmen. Das Team hat das Gefühl, dass wir zu einer Stelle fahren sollen, die wir „Summit 2“ nennen, die näher zu uns ist und ein bisschen höher ist als „Summit 1“. Wenn wir auf dem eigentlichen Gipfel sind, werden wir ein riesiges Panorama sehen, das ausgiebig fotografiert werden wird. Doch was uns am meisten lockt, ist die Sicht hinunter auf die Südseite des Husband Hill Hügels, wo es Flanken gibt, auf die wir noch keine Aussicht gehabt haben.

Jedoch sind wir nicht vollends überzeugt, ob wir tatsächlich eine gute Sicht hinunter ins Tal haben werden. Deshalb kann es sein, dass wir nicht lange auf dem Gipfel verweilen werden. Dieser Tage ist es wirklich spannend, mit Spirit zu arbeiten, da wir eine Balance finden müssen zwischen dem Wunsch, so schnell wie möglich auf den Gipfel zu eilen, und der Aufgeregtheit über all das neue Zeug, das wir bei Voltaire finden.

Und dann gibt es ja noch Meridiani, wo sich der Rover Opportunity weiter nach Süden vorarbeitet. Viele Leute machten hier Bemerkungen, wie ironisch es doch sei, dass die Rover ihre Rollen während der letzten sechs Monate getauscht hätten. Anfangs machte Opportunity alle Schlagzeilen, während Spirit sich langsam über die Gusev-Ebene schob.

Heute ist es anders herum. Spirit macht nun die Entdeckungen auf dem Husband Hill Hügel und Opportunity kämpft sich langsam durch Sand und Dünen.

Neuigkeiten kommen nun doch wieder von Opportunity, da wir kleinere Mengen von Grundgestein sehen. Je weiter wir nach Süden fahren, umso mehr finden wir im Sand kleinere Lagen von Gestein, und weiter im Süden scheint es noch mehr davon zu geben. Für lange Zeit hatten wir uns gesorgt, ob das helle, gesprenkelte Zeug, das wir vom Orbit aus sehen, bloß heller Staub ist.

Wenn das so wäre, stünden unsere Chancen, je zum Victoria-Krater zu gelangen, ziemlich schlecht. Jedoch mit all dem Gestein am Horizont steigt unsere Hoffnung, dass wir bald festeren Boden unter die Füße bekommen, und dann schneller fahren können. Wir werden wieder viele Messungen durchführen können, während wir unseren Weg durch das gesprenkelte Zeug bahnen. Ein beruhigendes Gefühl.

Nun zum Schluss sollte ich noch erwähnen, dass ich in den nächsten Wochen weniger Zeit für Berichte habe. Mein Buch über die Mars Exploration Rover wird nächste Woche herauskommen. Eine unvermeidbare Konsequenz ist heutzutage, dass ein Autor sein Werk auch selbst vorstellen muss, mal hier, mal dort. So werde ich ein wenig rumreisen müssen.


Weitere Berichte von Steve Squyres über die Rovermission (auf Englisch) sind zu finden unter:
http://athena.cornell.edu/news/mubss/

Sein neues Buch lautet:
Steve Squyres
Roving Mars: Spirit, Opportunity, and the Exploration of the Red Planet.
Verlag Hyperion Books (auf Englisch).


Übersetzung Johannes Brückner